14.03.2021, 14:03 Uhr

Wie werden neue Mitbewohner in der Heide entdeckt?

Im Frühjahr kommen Zugvögel zurück und schauen sich nach Brutplätzen um. Eine Heidelerche hat offenbar Gefallen an der Dellbrücker Heide gefunden. Aber woher wissen wir, wenn eine Tierart neu auftaucht? Interview von Sandra Schmitt mit Holger Sticht

1. Wie passiert das, dass man eine neue Art entdeckt? Zufällig oder gibt es Beobachtungsmethoden?

Wir führen in jedem Jahr ein Monitoring durch, also eine wissenschaftliche Überwachung der Artenvielfalt. Das Brutvogelmonitoring mache ich mit über 20 Einsätzen zwischen Februar und August. Das muss zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten bei möglichst gutem Wetter stattfinden, hauptsächlich aber zwischen Sonnenaufgang und Vormittag. Die erste Entdeckung der Heidelerche war allerdings erst um 10 Uhr. Als wärmeliebende Vogelart ist es ihr bisher früh morgens wahrscheinlich noch zu kalt gewesen.

2. Woran kann man erkennen, dass das Tier sich niederlässt?

Bei Vögeln gibt es mehrere wissenschaftliche Methoden der Erfassung. Um festzustellen, welche Vogelarten sich im Gebiet ansiedeln, wenden wir die Revierkartierungsmethode an. Für diese gibt es Methodenstandards, die eingehalten werden müssen. Dabei werden die Reviere gezählt, die von männlichen Tieren besetzt und klassischerweise durch Gesänge markiert werden. Da viele Vögel auch auf dem Durchzug singen, ist entscheidend, dass ein solches Revier in der relevanten Jahreszeit über einen bestimmten Zeitraum hinweg markiert wird.

3. Was müssen wir tun, damit es bleibt?

Heidelerchen sind Bodenbrüter. Sie können ihr Nest gut verstecken, aber sie fühlen sich unsicher, wenn sie in Brutplatznähe zu oft gestört werden. Das kann dazu führen, dass ein Revier oder eine Brut aufgegeben und verlassen wird. Deswegen ist es entscheidend, dass Besucher die Ruhezonen beachten und auf den offiziellen Wegen bleiben. Das gilt selbstredend auch für Hundehalter und ihre Hunde.

4. Woher kommt so ein Tier und wie findet es den passenden Ort?

Das ist bei jeder Art unterschiedlich. Bei Heidelerchen ist es so, dass sie überwiegend in Südwesteuropa überwintern. Im Februar/März ziehen sie zurück in Richtung Nordosten. Auch in den vergangenen Jahren haben wir solche Durchzügler in der Dellbrücker Heide festgestellt. Dass ein Vogel hier vorbeikommt, ist immer auch ein bisschen Zufall, denn die Dellbrücker Heide ist ja heute nur noch vergleichsweise klein und das nächste Heidelerchenvorkommen liegt 10 km weiter südlich in der Wahner Heide. Und dann ist entscheidend, dass der Lebensraum gefällt. Und das Männchen muss das Gefühl haben, dass er auch vorbeiziehende Weibchen von der Qualität überzeugen kann. Dabei spielen die Struktur des Lebensraums und die Nahrungsverfügbarkeit, aber eben auch die Sicherheit die wesentliche Rolle.

5. Gibt es so etwas wie Pionier-Tiere - ähnlich wie Pionierbaumarten wie die Birke?

Die Dellbrücker Heide ist Refugium für zahlreiche heute gefährdete Pionierarten. Darunter versteht man meist Arten, die auf nicht oder kaum bewachsene Böden angewiesen sind. Auch für die Heidelerche spielen solche Böden eine entscheidende Rolle. Da sich solche Lebensräume auch von Natur aus ständig verändern und an anderer Stelle neu entstehen können, sind Heidelerchen grundsätzlich in der Lage, neue Lebensräume relativ schnell zu besiedeln. Voraussetzung ist, dass es überhaupt genug Tiere gibt. Bei der Heidelerche gibt es in NRW glücklicherweise seit ungefähr 20 Jahren einen positiven Bestandstrend – wegen der für sie ausgewiesenen Schutzgebiete und weil sie sich an großflächige Weihnachtsbaumkulturen im Hochsauerland anpassen konnte. Dennoch ist sie immer noch nur sehr lückig verbreitet, das Zentrum des Landes ist „heidelerchenleer“. Gebiete, in denen mehrere Reviere nebeneinander liegen können und die Vögel eine gute Auswahl untereinander haben, sind da immer im Vorteil. Aber dass schon einmal eine Heidelerche von der Qualität des Gebiets überzeugt ist, kann dazu beitragen, dass sich weitere Tiere hier niederlassen.

Dank an alle Besucherinnen und Besucher und ihre Hunde, die auf den Wegen bleiben und sich an die Regeln des Naturschutzgebiets halten. Sie tragen mit dazu bei, dass Heide-Tiere und -Pflanzen hier leben können.


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